Wie es um Führung, Flexibilität und Strategie in Unternehmen bestellt ist
Zum achten Mal hat Egon Zehnder International im Rahmen einer Online-Umfrage Spitzenmanager zu aktuellen Fragen der Unternehmensführung befragt – mit Konsequenzen für die Change Communication, die wichtiger ist denn je. Hintergrund sind die Erfahrungen mit der jüngsten Finanz- und Wirtschaftskrise: Wie sieht es mit der Widerstandskraft und Flexibilität der Unternehmen aus? Die Antworten der 836 Spitzenmanager aus aller Welt zeichnen ein nüchternes Bild.
- Mehr als die Hälfte der Unternehmen sieht sich jetzt vor der Aufgabe, ein passendes Geschäftsmodell für ein verändertes Marktumfeld zu finden. Darin sehen die Panel-Teilnehmer die drängendste Herausforderung der Zukunft. Jedoch ist der Pool für Talente und Führungspersönlichkeiten nicht reich bestückt und überhaupt fehlt es in den Unternehmen an Führungsstärke. In der Analyse solcher interner Herausforderungen stehen deutsche Unternehmen nach dem Eindruck der Top Executives vergleichsweise etwas günstiger da als der Durchschnitt. Unsicherheit und Angst unter den Mitarbeitern sind in deutschen Unternehmen jedoch häufiger anzutreffen als im Durchschnitt – und werden nur in der Schweiz noch häufiger konstatiert.
- Die anhaltende Rezession bleibt für zwei von drei Befragten die größte Herausforderung an ihr Unternehmen. Staatliche Regulierungstendenzen und neue Wettbewerber bringen es unter den externen Hindernissen in den Antworten der Spitzenmanager auf jeweils rund 40 % der Nennungen. Die Deutschen liegen mit ihren Nennungen ein wenig unter dem Durchschnitt, zeichnen das Bild nicht ganz so düster. Dafür heben sie eine andere Gefahrenquelle für ihr Unternehmen hervor: die öffentliche Verschuldung.
- Improvisationstalent zählt in Deutschland nicht viel. Wird nach Schlüsselfaktoren für den erfolgreichen Umgang mit Widrigkeiten gefragt, dann steht die Fähigkeit zu improvisieren nirgendwo in so geringem Ansehen wie bei deutschen Top Executives; nur jeder Zehnte hat für sie ein gutes Wort. Entsprechend sieht mehr als die Hälfte der Befragten in Deutschland ihr Heil in soliden und bewährten Kundenbeziehungen – ebenfalls ein Spitzenwert, der auf kein hohes Maß an Elastizität hindeutet. Dabei gilt Anpassungsfähigkeit an künftige Herausforderungen weitgehend und überwiegend als eine Schlüsselgröße (63 %); in Deutschland (sowie der Schweiz, Italien und Indien) spielt daneben auch Innovationspotential eine wichtige Rolle. Diese Faktoren sind nur mit überzeugten und engagierten Mitarbeitern zu erreichen. Insofern steht die hohe strategische Bedeutung des Change Managements in Kontrast zu der vielerorts geringen operativen Relevanz.
- Der Blick in die Zukunft wird in deutschen Führungsetagen eher gemieden. Nur in einem von acht Unternehmen wird regelmäßig über mögliche Szenarien diskutiert und versucht, sie aktiv zu gestalten. Damit liegt Deutschland weit unter dem Durchschnitt von 19 % – und weit abgeschlagen hinter Dänemark. Nicht überraschend, sagen 44 % der Dänen, sie kämen schnell von der Analyse zum Change Management Aktionsplan. Ähnlich sieht es in Schweden aus – wo es überdies gang und gäbe ist, aus dem Umgang mit Krisen zu lernen.
Ein gutes Viertel der Befragten hält die Krise für überstanden; für die große Mehrheit hingegen dauert sie an. Mehr als zwei Drittel der Top Executives erklären es für eine Selbstverständlichkeit, schnell zu reagieren und der Krise sogar positive Seiten abzugewinnen. Doch die Veränderungen, zu denen sie geführt hat, liegt nach Ansicht der Befragten hauptsächlich im Bereich des Verhaltens (59 %) – und damit meinen sie durchaus nicht etwa, dass ihre Führungsmannschaft selbstkritischer geworden wäre. Strukturen und Strategien sind nur in jedem zweiten Unternehmen geändert worden – in Deutschland und der Schweiz zum Teil deutlich weniger. Professionelles Change Management scheint hier also noch ein Fremdwort zu sein.